Endlich geht’s auf nach Georgien. Hierauf freuen wir uns seit Beginn unserer Reise, was unter anderem am georgischen Essen, vor allem Chinkali, den gefüllten Teigtaschen liegt, von denen wir schon seit Tagen träumen.
Wir passieren die Grenze bei Batumi und sind nach zwei Stunden drüben. Die Grenzer waren weniger an unserer Ladung sondern vielmehr an der Reise an sich interessiert. So war Dima mehr mit Visitenkarten verteilen beschäftigt, wo die Adresse unserer Website draufsteht, als mit dem eigentlichen Grenzprozedere.
Der Strandort Batumi liegt direkt hinter der Grenze, doch wollen wir schnell diese Stadt hinter uns lassen. Um einen kleinen alten Stadtkern schießen Hotels und neue Wohnungskomplexe wie Pilze aus dem Boden. Eine Struktur in der Architektur ist nicht zu erkennen. Marode Betonklötze aus Sowjetzeiten stehen neben fancy westeuropäischen Neubauten aus Glas und dazwischen quetschen sich kleine, alte Häuser, die sicherlich auch bald dem hiesigen Bauboom weichen müssen. Das ist nicht das Georgien was wir uns wünschen, also schnell durchfahren und rauf in die Berge.
Wir arbeiten uns durch Georgien und seine zahlreichen Nationalparks, essen uns durch die einheimische Küche und trinken uns durch die Weinkeller unserer Gastgeber.
Die Natur um uns herum genießen wir in vollen Zügen. Das erste Mal kommen die Wanderschuhe zum Einsatz und Dima kann endlich das Rädchen am Cockpit drehen und auf Allrad schalten. Wir baden in den Wasserfällen im Mtirala Nationalpark und besteigen die Berge im Borjomi Nationalpark, wo auch das berühmte Borjomi Mineralwasser, das Getränk der alten Sowjetkader, herkommt und definitiv keine Begeisterungsstürme bei Dima auslöst.
Natürlich statten wir auch den berühmten Vardzia Höhlen einen Besuch ab, wo ich kurz verloren gegangen bin, weil ich in irgendeinen Gang geklettert bin, der kein Ende genommen hat. Dima hat mich nach einer halben Stunde freundlichst mit einem: „bist Du bescheuert?“ begrüßt, weil er dachte er würde mich nie wieder finden. In den Höhlen haben zu Höchstzeiten über 5000 Menschen gelebt, die sich vor Besetzern und Feinden versteckt haben.
Im Westen wandern wir durch die Weinregion Kakheti und lassen uns den Aufstieg zur heiligen Kirche von Gergeti im nördlich gelegenen Kasbeki nicht nehmen.
Ja, die Gastfreundschaft haben wir bis jetzt in jedem unserer Artikel erwähnt, aber vor allem Georgien schenkt uns Begegnungen mit Menschen, die uns unterstützen, uns mit ihren Geschichten die Abende verkürzen und die uns im Gegenzug viele Fragen stellen. So kommen wir in den Genuss Grimis provisorisch angelegten Weinkeller durchzuprobieren, wo wir glauben, dass er sich abends vor seiner Frau versteckt.
Außerdem dürfen wir bei einer Familie auf dem Hof campieren und ihr Badezimmer mitbenutzen, wofür wir uns über Deutschland ausquetschen lassen und fragen beantworten ob es zum Beispiel Kaffee und Tee gibt oder ob es Gold zu kaufen gibt. Überall wo wir mit Kolya auftauchen werden wir über unsere Reise befragt, ob uns Georgien gefällt, wo wir waren und wie es weiter geht. Alle wünschen uns Glück und eine sichere Reise. Dima ist in seinem Element, endlich wieder Russisch zu sprechen. Jana hört, lächelt, nickt und hofft in einem Monat auch mal was sagen zu können.
Wisst Ihr eigentlich wie man Chinkali richtig isst? Man beißt vorsichtig hinein, saugt dann die leckere Brühe ein, ganz vorsichtig, damit man sich nicht verbrennt. Anschließend isst man alles genüsslich auf. Bis auf den Zipfel, der alles zusammenhält. Der bleibt auf dem Teller liegen, es sei denn man stirbt vor Hunger oder man will verheimlichen wie viele Chinkali man verdrückt hat. Man sieht es kurz im Video ganz unten.
Wir streifen über die Märkte und decken uns mit frischen Früchten und Nüssen ein, die ziemlich sicher bis Wladiwostok reichen werden.
In den kleineren Orten erinnert noch vieles an Sowjetzeiten. Abgesehen von den alten Häusern, den Straßen und den Autos ist der Wein oft süß, weil Stalin ihn so am liebsten mochte. Erst in Kakheti der Weinregion Georgiens, wird auf die Zuckerbeigabe verzichtet und auf den natürlichen Geschmack der Saperavi Weinrebe gesetzt. Wir saugen die herrliche Ruhe auf bevor wir nach Tiflis aufbrechen. Dort angekommen dreht der Wind etwas: In der ganzen Stadt sehen wir die Europäische Flagge neben der Georgischen wehen. Hier scheinen die Menschen anders zu denken als die Bevölkerung im ländlichen Teil. Während sich auf dem Land viele über die Saakashwili Zeiten, in der denen das Land einen klaren westlichen Kurs annahm, ärgerten, schaut die Jugend in der Stadt nach Europa. Der Wunsch, ein Teil der EU zu sein ist groß. Sogar an den Socken unseres Free Walking Tour Guides Zura können wir das klar ablesen. Es wird stellenweise mehr Englisch gesprochen als Russisch und die Architektur im neuen Teil von Tiflis erinnert stark an die moderne von europäischen Städten, wie Brüssel oder London.
Was das Autofahren angeht, so ist Georgien bisher das anstrengendste Land. Alles andere ist ein Witz dagegen. Kurz gesagt: es gibt keine Regeln, wer fahren will - der fährt, wer überholen will – überholt (egal wo und mit Gegenverkehr oder ohne) und wer stehen bleiben will – bleibt einfach abrupt im fließenden Verkehr stehen (ohne Vorwarnung natürlich). Hupen gehört hier zum guten Ton und das Manövrieren ist Millimeterarbeit bei hohen Geschwindigkeiten. Dazu kommt, dass es in Georgien keine Autoversicherung gibt. Trotzdem funktioniert es irgendwie und daher nehmen wir es entspannt.
Nach einer Woche müssen wir uns von Georgien verabschieden. Die Zeit drängt und es geht weiter nach Aserbaidschan. Dima ist angespannt und spricht nicht mehr viel vor der Grenze, haben wir doch einige Horrorgeschichten gehört, über unrealistisch hohe „Steuerabgaben“ als auch über Wartezeiten jenseits von Gut und Böse. Er ist nervös, hat Bedenken wegen des Autos. Wie wir dann aber auch hier feststellen dürfen, ist nicht immer alles so schlecht, wie es dargestellt wird. Mit einem freundlichen „Salaam“ werden wir begrüßt und nach einer Stunde und zwanzig Dollar weniger in der Tasche („Autosteuer“) geht unsere Fahrt weiter nach Baku.
Geschrieben von Jana
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Mehr über unsere Abenteuer kannst du in Janas Buch "Auf den Rucksack, Fertig, Los!" nachlesen.
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