Usbekistan – Land aus 1001 Nacht, aber es gibt noch so viel zu tun!
Juli 11, 2017
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Usbekistan hat es uns wahrlich nicht leicht gemacht. Weder hatten wir einen guten Start, noch eine gute Verabschiedung. Wir haben die Grenze in der Nähe von Beynau (Kasachstan passiert). Obwohl wir als Touristen von den Grenzern bevorzugt behandelt wurden, hat der gesamte Prozess acht Stunden gedauert. Die Autoschlange fängt schon in Kasachstan an und als wir vorfahren und fragen ob wir vordürfen haben wir Glück und die Grenzer lassen uns schneller durch. Die andere Seite ist deutlich schwieriger zu passieren. Mehrere Stunden stehen wir im Niemandsland zwischen den beiden Ländern. Die Usbeken selber werden von ihren eigenen Grenzern wie Vieh behandelt. Während wir nur 2-3 Stunden warten, müssen hier wohl einige bis zu zwei Tagen zwischen Staub und Stacheldraht ausharren. Kein zurück nach Kasachstan, kein Vorankommen in Usbekistan. Mehr als zwei Autos pro Stunde werden nicht abgefertigt, was an den gründlichen Kontrollen liegt. Jedes einzelne Auto wird bis auf das Ersatzrad und Kofferraumverkleidung ausgeräumt. Alle persönlichen Sachen gehen durch einen Scanner. Ein trauriges Schauspiel. Fotografieren verboten, sonst hätten wir gerne ein Paar Bilder geteilt.

Unser erster Stopp ist Mo´ynoq, eine ehemalige Hafenstadt am Aralsee. Der See war einst einer der größten der Welt und ist in den letzten 40 Jahren fast komplett ausgetrocknet. Was davon geblieben ist haben wir in einem kurzen Video für RT zusammengeschnitten. Traurig stellen wir mal wieder fest, dass die Menschen nicht verstehen, dass Ressourcen endlich sind. Was bleibt ist eine Salzwüste, wo Familien nur noch zum Muscheln sammeln hinkommen.

Deprimiert und erschüttert geht es weiter nach Nukus, die Hauptstadt der Provinz Karakalpakistan. Welcome back to Soviet Union: Nicht nur alle Autos und Häuser sind gleich wir werden auch noch von jedem einzelnen Polizisten angehalten. Jeder versucht einen Grund zu finden, um Geld von uns zu verlangen – einer absurder als der andere. Dima schlägt sich tapfer und kommt aus fast jeder Abzocke glimpflich raus. Ein paar Dollar, werden wir dennoch los. Für alle Roadtripper: haltet an jedem „Stop“ Schild in diesem Land, sollte es Euch auch noch so dämlich vorkommen bzw. niemand sonst an diesem Schild halten. 10 USD Strafe hat uns das erste Mal gekostet. Jede größere Stadt (zum Glück sind es nicht viele) hat ein verschlossenes Tor am Stadteingang, wo man sich mit Passnummer und Autokennzeichen registrieren muss. Ganz schön Oldschool, aber was muss das muss – Dima fühlt sich in seine Vergangenheit zurück versetzt. Die Hotelsuche in Nukus, verläuft ähnlich kompliziert. Für Touristen werden pro Zimmer 50 USD aufwärts gefordert – nur in Dollar und nur in bar. Für ein Land ohne anständige Straßen und kaum Benzinversorgung ein Witz. Die Zimmer sind keine 10 USD wert, so schlecht und dreckig sind sie. Wir klappern mehrere Unterkünfte ab, aber ich weigere mich auf diese Abzocke einzulassen. Wir finden außerhalb der Stadt ein Motel, welches uns für zwei USD auf ihrem Parkplatz campen lässt. Die Hotelpreise werden vom Staat gemacht, erzählt uns die Rezeptionistin, sie kann leider nicht viel machen. Unsere Pässe werden trotzdem registriert, aus Angst vor Kontrollen. Schnell weiter Richtung Chiwa, so ist zumindest unser Plan am nächsten Morgen. Doch das nächste Hindernis ist das Tanken. An der staatlichen Tankstelle gibt es Benzin nur laut Liste. Es ist genau zugeteilt wer wie viel und wie oft tanken darf. Da wir keinen Eintrag auf selbiger haben, will der Tankwart uns das Benzin verweigern. Nur nach langen Hin und Her und einer Diskussion wie wir uns Usbekistan anschauen sollen, wenn wir es noch nicht mal bis in die nächste Stadt schaffen, füllt er unseren Tank. Das Benzin hat keine gute Qualität, aber tanke oder lass es, lautet hier das Motto. Für eine Woche muss Kolya jetzt mit fragwürdigem Benzin irgendwo zwischen 80 und 90 vorlieb nehmen. Anderes wird es im ganzen Land nicht geben.

In Chiwa wird es entspannter. Leider können wir nicht so einfach irgendwo mit Kolya stehen und gehen wieder in ein Hotel. Günstiger und schöner als in Nukus, aber immer noch kein Schnäppchen. Endlich können wir aber den Orient genießen in dieser alten ehemaligen Seidenstraßen Oase. Umgeben von einer alten Festungsmauer, sieht es in Chiwa noch genau aus wie vor 1000 Jahren. Die Sowjets haben hier alles restauriert und die Stadt ist sehr schön erhalten geblieben. Es ist ganz leer, da keine Saison ist und wir schlendern fast alleine durch die engen Gassen. Dafür ist es unglaublich heiß, aber man kann nicht alles haben. Wir erfrischen uns auf dem Markt mit frischem Obst und beobachten die Marktfrauen an ihren Ständen. Die Kuhfüße vor den Fleischerläden wollen wir Euch nicht vorenthalten.

Es geht weiter nach Bukhara, natürlich nicht ohne mindestens drei mal aus dem Verkehr gezogen worden zu sein. Es ist hilfreich immer etwas Alkohol im Kofferraum zu haben. Als wir einmal zu schnell unterwegs waren, fragte der Polizist: "Bruder Dmitriy, was bringst Du für Geschenke aus Russland?" Die Antwort von Dima: "Ich hätte Vodka dabei." Worauf der Polizist meinte: "Na Super, bring ran." Puh...weiter gehts.

Bukhara ist zauberhaft. Wir kommen in einem kleinen Familienhotel unter, zum guten Preis und mit tollen Gastgebern. Wie in 1001 Nacht fühlen wir uns in dieser Stadt. Die Leute sind freundlich und interessiert. Wir treffen die Eltern von unserem Freund Akmal, der leider nicht in der Stadt ist und erfahren was Usbekische Gastfreundschaft bedeutet. Als wir am Tisch Platz nehmen nimmt der Strom an Speisen und Getränken kein Ende und als unsere Bäuche voll mit Plov (Reis mit Fleisch), Nüssen, Früchten und gefüllten Teigtaschen sind, gibt der Vater von Akmal uns noch eine private Stadttour. Ein großartiger Guide mit vielen guten Geschichten auf Lager. Er kennt die besten Orte zum Fotografieren und klärt uns über die Entstehung des Islam auf. Endlich verstehen wir einigermaßen den Krieg zwischen Schiiten und Sunniten und warum eigentlich fünfmal am Tag gebetet wird. Ich mag seine liebevoll erzählten Geschichten über die Menschen. Hier ist eine davon: Menschen sind wie Finger, mal klein, mal dünn, mal dick mal krumm, aber am Ende sind alle gleich und gehören zusammen. Deswegen geht einer in die Moschee, einer trinkt gerne Bier und einer mag halt beides. Das wichtigste ist, das jeder Mensch gut in seinem Herzen ist. Stimmt!

Wir bleiben spontan eine Nacht länger um uns noch ein bisschen im Orient treiben zu lassen. Die Basare lassen wir schnell hinter uns. Sie sind schön anzusehen, aber wir drücken uns vor dem Touristenfang. Wenn man nicht handelt, zahlt man mindestens das Vierfache vom Preis und heute haben wir keine Lust auf „Hello Hello real silk and nice carpets“. Aber auf den schattigen Bänken im Park und auf den bettähnlichen Teebänken lässt es sich in der Hitze aushalten. Die vielen bunten Kacheln mit ihren blumigen, orientalischen Mustern versetzen uns gedanklich in die Zeit der ehemaligen Karawanen und so träumen wir einige Stunden vor uns her.

Für die Nostalgiker gibt es hier noch ab und zu die Sowjetunion zum anfassen oder in diesem Fall zum probieren: Das angeblich sauberste Wasser der Stadt verspricht der Eigentümer des alten Wasserspenders und Dima lässt sich auf ein Gläschen überzeugen. Von dem herrlichen grauen und brettharten Klopapier was es hier noch in fast allen Unterkünften gibt, brauche ich den meisten nicht zu erzählen. Bestimmt kann sich noch jeder selbst an das schöne Gefühl erinnern.

Weiter geht’s nach Samarkand, die dritte Perle auf unserem Weg. Akmal’s Vater meinte, das Bukhara eine ungeschminkte Schönheit und Samarkand eine geschminkte Schönheit sei. Damit hat er vollkommen Recht. Wunderschön glänzen die blauen und türkisfarbenen Kuppeln von den Moscheen und Koranschulen in der Sonne. Mehr Flair hatte allerdings Bukhara. Wir verbummeln den Tag im Registan, dem Schmuckstück der Stadt.

Bevor wir in den Registan rein gehen, bekommen wir abermals einen Beweis für die Korruption im Land: Ein Polizist holt uns vom offiziellen Kassenschalter weg und bietet uns die Karten zum halben Preis an. Das mit dem Freund und Helfer verstehen die Polizisten hier anscheinend etwas anders als bei uns.

Wir überlegen noch einige Tage länger zu bleiben und nach Taschkent zu reisen als wir später jedoch daran scheitern Bargeld zu holen, entscheiden wir abzureisen. Wir haben genug von Usbekistan. Die Geschichte und die Bauten dieses Landes sind einzigartig und magisch, aber als selbstreisende ist es hier sehr anstrengend. Noch immer soll verhindert werden, dass zu viel Westliches in das Land kommt. Das erklärt die aufwendigen Grenzkontrolle und die strengen Registrierungen überall. Die Leute sind neugierig und schauen uns an. Die Mutigen fragen uns wo wir herkommen, andere senken schnell den Blick und laufen weiter. Das Leben wird einem unnötig schwer gemacht und wir vergeuden zu viel Zeit mit Polizisten und Passkontrollen. Wir verstehen nicht ganz warum, braucht das Land doch dringend den Tourismus. Mit kaputten Straßen, nicht verfügbarem Benzin, Registrierungen und Passkontrollen auf Schritt und Tritt sowie Touristenabzocke in Hotels wird das wohl nichts. Ohne Russisch ist man gänzlich aufgeschmissen. Wahrscheinlich funktioniert es nur mit gebuchten Touren, aber als Selbstfahrer - nicht unbedingt nochmal. Lieber Präsident von Usbekistan, jetzt wo Dein Vorgänger nach über 20 Jahren nicht mehr ist, hast Du die Chance es besser zu machen. Lass doch die Polizei lieber die Leute bestrafen, die ihren Müll auf offener Straße aus dem Autofenster werfen. Hier würden sie sicher ein besseres Geschäft mit machen und für das Land würde es auch was bringen.

Die Verabschiedung setzt unserer Usbekistangeschichte die Krone auf: Kurz vor der Grenze werden wir wieder von zwei Polizisten rausgeholt. Sie wollen Dima weiß machen, er hätte getrunken. Es ist 14 Uhr. Da wir schon seit ein paar Tagen nicht mal ein klitzekleines Glas Wein getrunken haben, kann er mit ziemlicher Sicherheit sagen, dass dies nicht der Fall sei. Der Knaller folgt zugleich als der Polizist sein weißes Blatt Papier zusammenrollt und ihn da rein pusten lässt. Was soll man machen, lachen oder weinen? Immer noch meint er, er rieche Alkohol. Wenn Dima ihm kein Geld zahle, müsse er zum Arztcheck und der hätte heute schon zu. Kein Problem sagt Dima, wir hätten Zeit und würden dann bis morgen hier warten. Als sie uns dann erneut anbieten gegen etwas Geld auf den medizinischen Check zu verzichten und Dima das ablehnt, lassen sie uns ziehen. Tschüss Usbekistan! Wir kommen erst wieder, wenn Dein Präsident seine Hausaufgaben gemacht hat.

Tipps für Weltenbummler:

Soviel Dollar mitbringen, wie man braucht. Es ist so gut wie unmöglich Geld abzuheben in Usbekistan. Vielleicht gibt es in Tashkent mehr Möglichkeiten, aber in den anderen Städten haben wir keine gefunden. In Samarkand geht es wohl an einigen Banken (Aksa für Mastercard und Kapital für Visa), aber die muss man erst einmal finden und dann müssen sie noch offen haben. Automaten gibt es nicht. Geld nur auf dem Schwarzmarkt tauschen, da bekommt man doppelt so viele Sum als mit dem offiziellen Kurs. Für einen Dollar bekommt man aktuell 8000-8500 Sum (Stand Juni 2017). Man wird eigentlich überall angesprochen, den Kurs kann man ein bisschen verhandeln.

Tanken wenn es Benzin gibt und immer einen Kanister dabeihaben zur Not. Die Benzinqualität schwankt von schlecht bis sehr schlecht, unser Auto kam damit aber zurecht.

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2 comments

  1. Dietmar Meischner

    Super Reise, finde ich toll !!
    Bin an weiteren Info zu eurer Reise interessiert da ich selbst eine Reise mit 4 Autos, 8 Personen, in 2016 nach Zentralasien organisiert und durchgeführt habe!
    https://dietmarundgeliunterwegs.wordpress.com

    Wir waren begeistert und ich denke Vladivostok
    könnte für uns auch noch ein Ziel werden!!

    Weiterhin gute Reise und angenehme Eindrücke!
    Dietmar

    1. Hallo Dietmar, vielen Dank! Haben gerade mal auf Eurer Seite gestöbert. Auch eine Super Reise, die Ihr da gemacht habt. Kirgisien und Tadschikistan haben wir leider nicht geschafft. In Astana waren wir auch, und jetzt entspannen wir im Altai. Das Internet ist so langsam und wir hängen mit dem Blog hinterher. Arbeiten aber dran. Liebe Grüße aus Sibirien.